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Sonntag, 14. September 2008

Heimat ist ein trauriges Wort

Er kam vor 45 Jahren mit dem Zug aus Anatolien nach Avrupa. Als Gast- arbeiter.
Am Bahnhof wurden sie mit einem Orchester und Blumensträußen begrüßt. Der Bürgermeister gab jedem die Hand und sagte etwas. Sie zogen ihre Jacken nach oben zu Kalt war es hier.

Er, sein Bruder, seine Cousins hatten nicht mehr mit als einen Koffer mit dem Nötigsten dabei. Mit Essen drin, was es in dem fremden Land nicht gab. Einen Koffer voller Hoffnung und Erinnerung an die Heimat, die Frau, die Kinder, das Dorf.

Sie kamen voller Hoffnung, sie wollten nur 3 Monate bleiben und dann wieder zurück, mit dem Geld, um dort ein etwas besseres Leben führen zu können. Seine erste Stelle bekam er in Köln, er bekam 2,50 DM die Stunde. Fest eingestellt, jedoch wussten sie alle nicht, dass sie sobald sie Urlaub bekamen, ihre Kündigung unterschrieben und als sie zurückkamen, ihre Einstellung.

Sie konnten kein Wort Deutsch. Jetzt reden sie im Dialekt.
Es kam keine VHS, kein Immigrationsbüro, keine Politiker und haben gesagt: Kommt, wir bringen Euch deutsch bei. Wir tun watt für die Integration. Sie waren gekommen, um zu arbeiten, als Gäste. Wozu dann die Sprache richtig lernen? Sie wohnten in einer kleinen 45 qm Wohnung. Eine Dusche gab es nicht. Das WC haben sie im Flurbereich separat selbst aufgebaut. Es war ihre neue Heimat. Was sie nicht wußten: Aus den 3 Monaten sollte ein ganzes Leben werden.

Doch zuerst einmal wurde daraus ein Jahr. Das Geld fing an zu schmecken. Mit der Zeit gewöhnten sie sich an das neue Leben. Die Banken kamen mit zinsfreien Kreditangeboten und Häuser zum Kaufen. Doch sie lehnten alles ab. Warum sollten sie ich hier niederlassen? "Tinney, wir zurückfahren nach Hause. Nix wohnen hier für immer." sagte er dann. Jetzt fährt er an diesem Haus vorbei und bereut, daß er es damals nicht gekauft hat.

Sie arbeiteten so hart, bis zu 18 Stunden am Tag, sie bekamen 6 Wochen Urlaub, sie gingen abends in Kneipen um sich die Zeit zu vertreiben und nicht zu Hause aufeinander zu hocken. Sie tranken Bier, das gab es in der Heimat nicht. Dann gab es Ankara Radyosu mit Fuhat Bultan, der Stimme Türkei`s. Abends wurden dann immer Nachrichten und Musik aus der Türkei gehört. Was Fuhat Bultan jetzt wohl macht? Er lebe in Seelenfrieden, der gute Mann. Er hatte den Arbeitern ein wenig Trost in der kalten Fremde gegeben. Erinnerung an die Heimat, was später das Fremde wurde. Das Land, woher sie kamen, wurde fremd. Das Land, wo sie die meiste Zeit ihres Lebens verbracht haben, war ihnen fremd geblieben.

Sie fühlten sich heimatlos.



3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Das ist ja schön geschrieben!
ich mag deine stories!

minibebic hat gesagt…

Danke!

Anonym hat gesagt…

Ah eski günler