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Donnerstag, 29. März 2012

Baumwolle








Diese Bilder entstanden im Oktober 2000. Damals arbeitete ich als Lizenzdesignerin/ Grafikerin für eine Textilfirma in Aachen. Mein toller Chef M.F. von dem ich sovieles und viel mehr gelernt habe, hatte mich für eine Woche nach Istanbul geschickt. Damit ich die Produktionsfirmen sehen und mir ein Bild davon machen kann, wer, wo, wie meine Zeichnungen auf die Textilien überträgt.

Das war für mich ein tolles Erlebnis. Nicht nur, daß ich diese wunderschöne, kontrastreiche Stadt zwischen Europa und Asien erleben durfte sondern die einzelnen Schritte der Textilindustrie: Vom Baumwollfeld bis zum fertigen Sweatshirt mit meinem Motiv als Druck, Stickerei oder Applikation und dem Rubberlabel dran.

Ich habe wundervolle Menschen kennengelernt und mich sofort wohl gefühlt. Ich war nie alleine, immer war jemand da, der mich abholte, wohin fuhr, mich zum Essen in tolle Restaurants einlud, mit mir ins Kino ging, weil ich türkisches Kino nie kannte, mich nach Hause einlud, mir die Museen und Sehenswürdigkeiten zeigte und natürlich die ganzen Firmen und wirklich jeden Schritt, den ein Bekleidungsstück nur durchmacht zeigte und erklärte.

Danach hatte ich ein ganz anderes Verständnis für meinen Job als Designerin. Ich ging ganz anders an die Sachen ran und dachte immer daran, wer das mit welcher Maschine wie produzieren wird. Man legt danach die Datei einfach ganz anders an von Anfang an. Dafür bin ich sehr dankbar, daß ich das auch in den Folgejahren erleben durfte. Es hat meine Arbeit sehr geprägt.

Und ich sach es Euch: Ordnung ist die halbe Miete. Es geht nichts über eine perfekte- saubere- für jeden Verständliche- professionelle Ordnerstruktur. Jeder Blinde würde in meinem Rechner jede Datei finden, die er sucht. Es erklärt sich von selbst. So minibebic genug der Selbst Pudelei. Sorry.

Ich hatte eine lustige Kamera mit bei der Reise. Sie sah aus wie eine Polaroid, aber die Bilder wurden auf eine Diskette gespeichert. Kennt Ihr die noch? 3,5 Disketten hahaha. Da ich über 1000 Fotos schon allein in den Produktionsstätten gemacht hatte, könnt Ihr Euch ja vorstellen, mit wievielen Disketten ich zurückflog.

In der Firma hatte ich die Fotos alle überarbeitet und... ja dann passierte das, was minibebic bisher zweimal in ihrem Leben geschafft hat: Irgendwie hatte ich die Motherboard des Mac, damals G3 zerstört. Nur Gott weiß wie.
Die Disketten hatte ich ordentlich wie ich bin direkt formatiert. Buh.
Aber eins sag ich Euch: An meiner tollen Ordnerstruktur lag es nicht. Nach den G4`s gab es dieses Problem bei Apple auch nie wieder. Der Mac Spezialist sagte irgendwas von Knotenbaum. Keine Ahnung was ein Baum im Rechner gesucht hat.

Alles, was von dieser so wertvollen Reise übrig blieb, sind nur diese paar Fotos.
Ihr kennt das vielleicht aus eigener Erfahrung. Nichts tut so sehr weh, wie verlorene Fotos. Ich könnte heulen. Das tu ich dann meistens auch. Der Augenblick verschwindet irgendwie damit. Natürlich ist alles in meinem Gehirn, fotografisches Gedächtnis abgespeichert, aber in der Hand habe ich halt nichts mehr. Das finde ich immer traurig.

Das ist uns auch mal mit Familienfotos passiert. Meine älteste Schwester z.B. trauert seit 50 Jahren immernoch hinter ihrem einzigen Foto wo sie ein Kleinkind drauf war. So werden wir anderen nie erfahren, wie sie als kleines Kind aussah. Naja doch, in ihrem Falle ist es so, daß ihre Tochter ihrer eigenen Kindheit unheimlich ähneln würde. Wobei meine Schwester sagt, meine Nichte wäre phänotypisch und von ihrer Art her 100% meine Kopie. Ach, wir sehen irgendwie alle uns unheimlich ähnlich. Das finde ich sehr toll, immer mein Spiegelbild zu sehen :)

Also zu den Fotos: Aufgenommen am 10.10.2000 in einer Garnfirma außerhalb von Istanbul auf der europäischen Seite.
"Der Weg der Baumwolle" sollte mein Büchlein heissen, den ich nach der Reise machen wollte.
Mein Chef war auch sehr traurig. Er hatte die Fotos gesehen und mich auf die Idee gebracht, ich solle doch eine Art Reisereportage, Fotos mit Texten dazu machen. Tja, c`est la vie mon coeur. C´est la vie.

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